Umsatzsteuersatz-Senkung ab 1. Juli 2020*

*Gastbeitrag von Holler, Kippes & Partner – Partnerschaftsgesellschaft mbB, Steuerberater – vereidigter Buchprüfer, Fachberater für Internationales Steuerrecht 

Die Bundesregierung hat mit dem Ersten Corona-Steuerhilfegesetz und dem Entwurf des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes wesentliche Entscheidungen getroffen, um die Voraussetzungen zu schaffen, Deutschland aus der Corona-Krise zu führen. Wesentlicher Bestandteil dieser Gesetze ist die Senkung der Mehrwertsteuer. 

Zu diesem Thema möchten wir Ihnen die wichtigsten Punkte für Ihre tägliche Arbeit einmal aufführen und damit häufige Fragestellungen beantworten. 

Aufgrund der kurzfristigen Umsetzung der Regelungen haben wir diese Ausführungen auf Grundlage des Vorgehens bei der letzten Steuersatzsenkung im Jahr 2006 sowie auf den Entwurf eines Schreibens des Bundesfinanzministeriums zur Steuersatzsenkung gestützt. Eine endgültige Regelung durch den Gesetzge-ber und die Finanzverwaltung bleibt abzuwarten. 

1) Zeitpunkt der Anwendung 

Für den Steuersatz ist es maßgeblich, wann ein Umsatz ausgeführt wird. Dies gilt auch bei der Ist-Besteue-rung (Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten). 

Der Zeitpunkt der Stellung der Rechnung bzw. das Rechnungsdatum ist irrelevant. 

Lieferungen gelten im Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht als ausgeführt. Bei Werkliefe-rungen ist die Abnahme entscheidend. Dienstleistungen sind mit dem Leistungsende erbracht. Dauer-leistungen (z.B. Vermietung, Wartung, Leasing) gelten an dem Tag als ausgeführt, an dem der vereinbarte Leistungszeitraum endet. 

2) Zeiträume 

Vorbehaltlich einer weiteren Ausweitung der Zeiträume durch den Gesetzgeber über das bisher gesagte, gelten folgende Steuersätze.

Steuersätze Konjunkturpaket Umsatzsteuersatz-Senkung

3) Kassensysteme 

Kassensysteme sollten bis zum 1. Juli 2020 umgestellt werden. 

Andernfalls droht entweder eine Ordnungswidrigkeit wegen Verletzung der ordnungsgemäßen Belegaus-gabepflicht, wenn sie keinen Bon ausgeben können, der den richtigen Steuersatz ausweist oder eine soge-nannte § 14c-Steuer, die bedeutet, dass Sie verpflichtet sind, die jeweils höhere Umsatzsteuer abzuführen, die tatsächlich nicht abzuführen wäre. Ein Vorsteuerabzug besteht in jedem Fall nur in Höhe des gültigen Steuersatzes. 

Inwieweit diese Verstöße hinterher tatsächlich von den Behörden geahndet oder von einer zukünftigen Steuerprüfung beanstandet werden, lässt sich derzeit nicht mit Sicherheit sagen. Daher empfehlen wir Ihnen in jedem Fall die Umstellung Ihrer Kassensysteme bis zum 1. Juli 2020. 

4) Teilleistungen 

Auch bei einer Teilleistung kommt es auf den Zeitpunkt der Ausführung der Teilleistung an. 

Teilleistungen liegen vor, wenn diese 

– wirtschaftlich abgrenzbar und 
– gesondert vertraglich vereinbart sind sowie 
– entsprechend vergütet und 
– gesondert in Rechnung gestellt werden. 

5) Anzahlungen / Vorauszahlungen 

Anzahlungen für Leistungen, die erst nach dem 1. Juli ausgeführt werden, sind zunächst mit dem aktuellen Steuersatz zu versteuern. Kommt es dann zur Ausführung der Leistung im Zeitraum des neuen Steuersat-zes, ändert sich der Steuersatz. Die Differenz zwischen den Steuersätzen verrechnen Sie in der Abschluss-rechnung. 

Dies gilt beispielsweise auch für Bauleistungen, bei denen in der Regel keine Teilleistungen vorliegen. Hier handelt es sich um einen einheitlichen Werkvertrag, bei dem der Steuersatz im Abnahmezeitpunkt maß-geblich ist. 

Es ist zulässig, dass bei Abschlagsrechnungen, bei denen die Leistungserbringung nach dem 1. Juli erfolgt und vor diesem Tag keine Zahlung eingeht, bereits der neue Steuersatz ausgewiesen wird. Dies gilt eben-falls, wenn die Zahlung bereits vor dem 1. Juli geleistet wird und ein Vorsteuerabzug in Höhe des neuen Steuersatzes erfolgt. 

6) Rabatte / Skonti 

Es ist immer der Steuersatz anzuwenden, der im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes galt. Entgeltmin-derungen, die sich auf Zeiträume mit unterschiedlichen Steuersätzen beziehen, sind aufzuteilen. 

Dies gilt auch für den entsprechenden Vorsteuerabzug. 

7) Dauerleistungen 

Dauerleistungen (z.B. Vermietung, Leasing, Wartung) gelten, sofern als Teilleistung abgrenzbar (siehe Punkt 4), mit dem Ende des jeweiligen Teilleistungszeitraums als ausgeführt. 

So ist zum Beispiel auf einen Wartungsvertrag für die Zeit vom 1. August 2019 bis 31. Juli 2020 für den ge-samten Zeitraum der Umsatzsteuersatz von 16 % anzuwenden. 

Sieht der Wartungsvertrag allerdings monatliche Teilleistungen vor, über die auch einzeln abgerechnet wird (z.B. monatlich), dann ist im vorherigen Beispiel lediglich der letzte Monat Juli 2020 mit einem Um-satzsteuersatz von 16 % zu versteuern. 

Bitte beachten Sie, dass in diesen Fällen, sollte im Vertrag keine andere Vereinbarung getroffen sein, ge-setzlich ein Anspruch auf Ausgleich besteht. Der Leistungsempfänger kann bei einem Dauervertrag, der vor dem 1. März 2020 geschlossen wurde, einen Ausgleich für die umsatzsteuerliche Minderbelastung des leis-tenden Unternehmers verlangen. 

Dies kann auch bei Verträgen gelten, die nach dem 29. Februar 2020 geschlossen wurden, wenn der Ver-trag eine Nettopreis-Vereinbarung vorsieht. 

Dauerverträge, die als Rechnungen anzusehen sind, da sie alle Angaben einer ordnungsgemäßen Rech-nung enthalten (z.B. Rechnungsnummer, Steuernummer etc.) sollten durch ein Zusatzdokument mit Bezug auf den Dauervertrag für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2020 angepasst werden. 

Bei der Ausgabe von jährlichen Dauerrechnungen gilt entsprechendes. 

8) Kleinbetragsrechnungen 

Ab dem 1. Juli 2020 ist bei Kleinbetragsrechnungen (bis 250 Euro) nur noch der verminderte Steuerbetrag herauszurechnen. 

9) Gutscheine und Mehrfachkarten 

Bei Einzweckgutscheinen, bei denen Art und Umfang der Leistung bereits feststehen (z.B. Kinogutschein) gilt der Umsatzsteuersatz im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins. 

Im Unterschied hierzu entsteht bei der Ausgabe von Mehrzweckgutscheinen noch keine Umsatzsteuer. Hier ist der Zeitpunkt der Einlösung maßgeblich für den Steuersatz. 

Bei Mehrfachkarten gilt entsprechendes. Entscheidend ist der Zeitpunkt der Einlösung, so dass bei Mehr-fachkarten, die vor dem 1. Juli 2020 ausgegeben wurden und nach diesem Stichtag eingelöst werden, der Steuersatz zu korrigieren und eine Entlastung vorzunehmen ist. Hier wird es in der Praxis schwierig werden, dem Karteninhaber die Preisminderung weiterzugeben. 

Haben Sie Fragen zu dieser Ausgabe der Mandanteninformation oder zu anderen Themen? 

Bitte sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne. 

Stand 22.06.2020

Anmerkung: Alle notwendigen Änderungen aufgrund des Konjunkturpakets 2020 finden Sie auch im easybill Hilfe-Center.