Mehrwertsteuersenkung 2020 – Das 130 Milliarden-Euro-Konjunkturpaket

Nach langen Verhandlungen steht ein gigantisches Konjunkturpaket über 130 Milliarden Euro, das seinesgleichen sucht. Fast zwanzig Stunden lang dauerten die Verhandlungen, um ein Paket zu schnüren, das die Folgen der Corona-Krise abfedern soll. Die Krise brauche eine „mutige Antwort“, sagte Kanzlerin Angela Merkel am späten Mittwochabend. Nach diesen langen und intensiven Beratungen betont Bundeskanzlerin Merkel: „Wir versuchen aus dieser extrem schwierigen Situation gemeinsam stark herauszukommen“. Das vereinbarte Paket sei ein guter „Grundstein“ für den Weg aus der Corona-Wirtschaftskrise. Neben Punkten wie verdoppelte Kaufprämien für den Kauf von Elektrofahrzeugen, Milliardeninvestitionen für Krankenhäuser, Kinderboni oder einem Hilfsprogramm für Kunst und Kultur, überraschte die Bundesregierung in diesem Zusammenhang mit einer Mehrwertsteuersenkung, die zunächst auf eine Dauer von sechs Monaten befristet ist.

Die Mehrwertsteuersenkung 2020

Um die Nachfrage zu stärken und die Beschäftigung zu sichern, gilt ab dem 01. Juli 2020 statt bisher 19 Prozent nur noch ein Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent; zusätzlich wird der ermäßigte Satz von 7 Prozent auf 5 Prozent gesenkt. Für die Gastronomie hatte die Bundesregierung bereits zielgerichtete Verbesserungen im Steuerrecht beschlossen, die Beschäftigte und Unternehmen unterstützen. Der Mehrwertsteuersatz für Speisen in Restaurants und Gaststätten wurde von 19 auf 7 Prozent abgesenkt. Diese Regelung gilt ab dem 1. Juli 2020 und ist bis zum 30. Juni 2021 befristet. Nach Verabschiedung des Konjunkturpakets wird damit für den Zeitraum 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 der ermäßigte Steuersatz von 5 Prozent gelten.

Steuersätze

Die Vorteile der Mehrwertsteuersenkung

Maßnahmen wie Kinderboni oder Kaufprämien sind sicherlich interessant, haben aber weniger Breitenwirkung, da sie nicht jedem zugutekommen. Eine Mehrwertsteuersenkung dagegen kann für soziale Gerechtigkeit sorgen und mehrere Vorteile bieten. Sie soll die Kaufkraft stärken und vor allem diejenigen unterstützen, die ein geringeres Einkommen haben und den größeren Teil ihres Einkommens ausgeben. Sowohl Privatleute als auch Unternehmer sollen gleichermaßen davon profitieren. Die Bundesregierung hofft, dass Unternehmen die geminderte Mehrwertsteuer über Preissenkungen an die Privatkunden weitergeben. Dadurch würde sich eine höhere Nachfrage nach den günstigeren Waren und Dienstleistungen ergeben und zu guter Letzt zu höheren Umsätzen und Unternehmensgewinnen führen. Dies soll Unternehmen helfen, die aufgrund der Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Große Handelsketten wie Lidl, Aldi, Edeka und Rewe haben bereits angekündigt den Steuervorteil tatsächlich weiterzugeben. Es bleibt abzuwarten wie sich andere Unternehmen und Händler und vor allem Non-Food-Anbieter verhalten werden. 

Die Nachteile der Mehrwertsteuersenkung

Seit der Ankündigung der Mehrwertsteuersenkung werden allerdings auch kritische Stimmen laut. Da Unternehmen nicht zur Weitergabe an die Verbraucher gezwungen werden können, stellen Skeptiker in Frage, dass diese Maßnahme tatsächlich zum Erfolg führen wird, vor allem auch, da sie zunächst auf 6 Monate befristet ist. Genau diese Befristung zieht insbesondere für kleinere Unternehmen und Händler einige Probleme und Mehraufwand nach sich. Viele Buchhaltungs- und Kassensysteme lassen sich nämlich oft nicht einfach per Knopfdruck mit einem regulären und einem reduzierten Mehrwertsteuersatz ausstatten, um dafür Sorge zu tragen, dass der reguläre Satz nach 6 Monaten wieder seine Gültigkeit bekommt. Wenn man dann noch den Leistungszeitraum korrekt dem Abrechnungszeitraum zuordnen soll, zum Beispiel in Branchen, in denen Vorprodukte gekauft werden müssen, kann es umso komplizierter aussehen. Ebenfalls müssen nun Unternehmen für ihre bereits gedruckten Kataloge bzw. Ihre Online-Portale entsprechende Änderungen vornehmen.

Wird die Mehrwertsteuer die Wirtschaft wieder ankurbeln?

Wenn Unternehmen und Händler die Senkung der Mehrwertsteuer eins zu eins an die Kunden weitergeben, führt dies zu niedrigeren Verkaufspreisen. Der Verbraucher wird dazu angeregt zu konsumieren, statt das Geld auf das Sparkonto zu bringen. Sollten sich die Unternehmen allerdings nicht dazu ermutigt fühlen, die Ersparnisse durch Preisreduzierungen weiterzugeben, wird diese Maßnahme gegebenenfalls nicht zum gewünschten Erfolg führen. Es bleibt also abzuwarten, welchen Einfluss die Mehrwertsteuersenkung tatsächlich auf die Wirtschaft haben wird. Vielleicht können aber die weiteren Punkte des Gesamtpakets zusätzlich dazu verhelfen, die Lage insgesamt zu verbessern.

Wir von easybill möchten Ihnen die Umstellung auf die neue Regelung so einfach wie möglich machen und prüfen im Moment, welche Änderungen in der Software notwendig sind. In den nächsten Tagen werden Sie dazu weitere Informationen von uns erhalten.

Weitere Punkte des Corona-Konjunkturpakets

  • Familien erhalten einmalig einen Kinderbonus von 300 Euro je Kind. Dazu wird das Kindergeld entsprechend aufgestockt. Der Kinderbonus wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet und bei besserverdienenden Haushalten mit dem Kinderfreibetrag verrechnet.
  • Um die Einkommen von Alleinerziehenden zu stabilisieren, wird der Entlastungsbeitrag in der Einkommensteuer für die Jahre 2020 und 2021 auf 4.000 Euro mehr als verdoppelt.
  • Mit der „Sozialgarantie 2021“ werden die Sozialversicherungsbeiträge bis 2021 bei maximal 40 % stabilisiert. Darüber hinausgehende Finanzbedarfe werden aus dem Bundeshaushalt gedeckt.
  • Der einfache Zugang zur Grundsicherung ohne  Vermögensprüfung wird bis Ende 2020 verlängert.
  • Ein Schutzschirm für Auszubildende sorgt dafür, dass Schulabsolventen ihre Ausbildung beginnen und Auszubildende ihre laufende Ausbildung ordentlich beenden können. Dazu zählen Prämienzahlungen für kleine und mittlere Unternehmen.
  • Ein Programm für branchenübergreifende Überbrückungshilfen ermöglicht Stützungsmaßnahmen für kleine und mittelständische Unternehmen, die Corona-bedingt hohe Umsatzausfälle verzeichnen. 
  • Mit einem Hilfsprogramm für den Kulturbereich werden Kulturprojekte und die Kulturinfrastruktur in Deutschland gestützt.
  • Unternehmen erhalten für die Steuerjahre 2020 und 2021 befristet verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für bewegliche Wirtschaftsgüter wie beispielsweise Maschinen. 
  • Die Möglichkeit, Verluste steuerlich mit Gewinnen des Vorjahres zu verrechnen, werden ausgeweitet. Der steuerliche Verlustrücktrag wird für 2020 und 2021 auf maximal 5 Millionen Euro (bzw. 10 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung) erweitert. 
  • Die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer wird auf den 26. des Folgemonats verschoben. 
  • Das Körperschaftsteuerrecht wird modernisiert und ermöglicht u.a. nun Personengesellschaften die Option zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft. 
  • Beim Kauf eines E-Fahrzeugs mit einem Listenpreis von bis zu 40.000 Euro steigt die Förderung des Bundes von 3.000 auf 6.000 Euro; dies gilt bis zum 31.12.2021.
  • Zukunftsinvestitionen von Herstellern und Zulieferern in der Automobilindustrie werden mit einem Bonus-Programm in den Jahren 2020 und 2021 mit 1 Milliarden Euro gefördert.

Weitere Informationen zum Konjunkturpaket finden Sie hier.

Nachtrag vom 22.06.2020:
Auch weitere Länder wie Großbritannien, Österreich und Italien haben Steuersenkungen angekündigt. Konkrete Umsetzungspläne gibt es hier derzeit noch nicht. Wir werden rechtzeitig über Änderungen berichten.

Quellen:

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Konjunkturpaket/2020-06-03-konjunkturpaket-beschlossen.html

http://www.finanzvergleich.de/umsatzsteuer/vor-und-nachteile-der-umsatzsteuer.html

https://www.diw.de/de/diw_01.c.562875.de/senkung_der_mehrwertsteuer_entlastet_untere_und_mittlere_einkommen.html

https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-06/mehrwertsteuersenkung-effizienz-konjunkturpaket-bundesregierung-corona-krise

https://www.wiwo.de/unternehmen/handel/aldi-lidl-rewe-wer-die-mehrwertsteuersenkung-an-seine-kunden-weitergibt/25890572.html

https://t3n.de/news/mehrwertsteuersenkung-neue-fuer-1287672/

https://www.tagesspiegel.de/politik/signal-fuer-mehr-umsatz-warum-wir-eine-drastische-senkung-der-mehrwertsteuer-brauchen/25883192.html

https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/mehrwertsteuersenkung-die-vergessene-reform-a-1161095.html

https://www.waz.de/politik/corona-konjunkturpaket-wann-kommt-es-alle-details-id229246866.html

https://www.presseportal.de/pm/114339/4613587