Jahressteuergesetz 2020 – E-Commerce – Teil 1

Das Jahressteuergesetz 2020 zur Neuregelung von Onlinehandel, internationalem Onlinehandel und dem Verkauf über Marktplätze wird voraussichtlich in 2021 in Kraft treten. Die Inhalte sind umfangreich. Aber neue Regelungen zur Schließung vieler steuerlicher Lücken im Onlinehandel sind längst überfällig.

Da die meisten Gesetzestexte sehr fachlich formuliert sind, werden wir die wichtigsten Inhalte für Sie leicht verständlich zusammenfassen. Auf die Nennung von Paragraphen werden wir hierbei größtenteils verzichten.

Aufgrund der Corona-Pandemie verschiebt sich die Einführung der Neuregelungen vom 01.01.2021 auf voraussichtlich 01.04.2021, bzw. einige Teilbereiche auf den 01.07.2021. Wir empfehlen Onlinehändlern diesbezüglich Kontakt mit ihrem Steuerberater aufzunehmen, um auf alle notwendigen Änderungen und neuen Vorgehensweisen vorbereitet zu sein.

Haftung von Marktplätzen wird deutlich verschärft

Bereits zum 01.01.2019 wurde die Haftung für Online-Marktplätze eingeführt. Wenn Onlinehändler dort Waren verkaufen, die in Deutschland steuerpflichtig sind, jedoch keine Umsatzsteuer abführen, haftet der Marktplatz. Um sich dieser Haftung zu entziehen, darf der Marktplatz vom Onlinehändler eine sog. Erfassungsbescheinigung nach §22f Abs. 1 S. 2 UStG einfordern. Diese Regelung wird nun durch das Jahressteuergesetz 2020 erweitert.

Die Erweiterung sieht vor, dass der Onlinehändler zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware über eine gültige Umsatzsteuer Identifikationsnummer verfügen muss. Ist dies der Fall, haftet zukünftig der Onlinehändler und nicht der Marktplatz.

Umsatzsteuer ID statt Erfassungsbescheinigung nach §22f Abs. 1 S. 2 UStG

Die Aufzeichnung der Umsatzsteuer ID wird somit für Onlinehändler verpflichtend. Die Erfassungsbescheinigung entfällt wiederum. Ergänzend hierzu muss der Onlinehändler auch seine elektronische Adresse oder die Website seines Unternehmens mit aufführen. Virtuelle Konten, sofern es sie gibt, müssen ebenfalls genannt werden. Diesbezüglich sollten sich Onlinehändler beraten lassen, um sich selbst abzusichern.

„Fernverkauf“ statt Versandhandel

Neu ist hierbei vor allem die Bezeichnung selbst. Wer sich wundert, dass nur noch von Fernverkäufen die Rede ist, weiß nun, dass hiermit der internationale Versandhandel gemeint ist. Ein Fernverkauf definiert sich nach dem Jahressteuergesetz 2020 dadurch, dass Ware grenzüberschreitend innerhalb der EU oder aber aus einem Drittland in einen EU-Mitgliedsstaat geliefert wird. Der Fernverkäufer ist somit der Onlinehändler.

Voraussetzungen eines Fernverkaufs

Voraussetzung für einen Fernverkauf ist, dass der Onlinehändler den Transport veranlasst. Das alleine ist nicht neu. Zukünftig reicht es jedoch aus, dass der Fernverkäufer auch indirekt am Transport beteiligt ist. Was heißt das genau?

  • Onlinehänder/Fernverkäufer beauftragt den Transport
  • Fernverkäufer führt den Transport vollständig oder teilweise selbst durch und übernimmt die Verantwortung
  • Onlinehändler lässt transportieren, zieht die Kosten hierfür jedoch beim Kunden ein und gibt sie an den Spediteur weiter oder
  • Fernverkäufer macht für den Spediteur Werbung oder stellt ihm notwendige Informationen zur Verfügung.

Neuregelung für Lieferschwellen

Die bisher bekannten Regelungen zu länderspezifischen Lieferschwellen werden durch das neue Jahressteuergesetz 2020 entfallen. Die Höhe einer Lieferschwelle wurde bis dato auf Länderebene bestimmt. Sie lag zwischen 35.000 und 100.000 €. Durch einen Lieferschwellenverzicht kann sich ein Unternehmer im entsprechenden Land sofort steuerlich registrieren und Steuer abführen.

Die Möglichkeiten des Verzichts bleiben bestehen, jedoch wird es eine einheitliche Grenze für alle EU-Mitgliedsstaaten in Höhe von 10.000 € geben. Es spielt hierbei keine Rolle in welches EU-Land die Schwelle überschritten wird. Sobald auch nur in einem Land die Schwelle erreicht wurde, ist eine Registrierungspflicht in allen Ländern gegeben. Diesen Wert werden die meisten Onlinehändler sehr schnell erreichen.

Besteuerung eines Fernverkaufs nach Jahressteuergesetz 2020

Ein Fernverkauf wird weiterhin gehandhabt wie einer derzeitige internationale Warenlieferung. Da jedoch ab 2021 die Lieferschwelle bei 10.000 € liegt, wird eine notwendige Registrierung im Ausland schneller und häufiger eintreten als bisher.

Die Lieferung an eine Privatperson wird weiterhin im Inland besteuert. Liefert man die Ware in einen EU-Mitgliedsstaat, erfolgt eine Besteuerung im Versandzielland. Allerdings nur dann, wenn die Lieferschwelle überschritten wurde oder auf die Anwendung der Lieferschwellenregelung verzichtet wird. 

Handelt es sich um eine elektronisch erbrachte Dienstleistung gilt weiterhin die Besteuerung am Bestimmungsort. Seit der Anpassung vom 01.01.2019 galt hier für die elektronischen Dienstleistungen eine Nettobetragsgrenze von 10.000 € als Schwelle. Erst dann mussten die Dienstleistungen im Zielland besteuert werden. Die Änderung durch das Jahressteuergsetz 2020 wird jedoch nicht mehr unterscheiden, ob es sich nur um digitale Dienstleitungen oder physische Waren handelt, sondern beides summiert bildet den Schwellenwert von 10.000 €.

Lieferungen aus Drittländern sind ebenfalls im Bestimmungsland zu versteuern. Dies gilt bereits ab dem ersten Umsatz. Soweit also alles wie bisher.

Die Besteuerung eines Fernverkaufs ist jedoch nach den neuen Regelungen nur dann zu berücksichtigen, wenn

  • die Ware in einen EU-Mitgliedsstaat eingeführt wird, der nicht dem Bestimmungsland entspricht. Der Transport der Ware endet in einem anderen Land.
  • die Ware in das Bestimmungsland eingeführt wird, die Steuer hierfür aber über ein gesondertes Verfahren abgeführt wird.

Lesen Sie mehr in unserem nächsten Beitrag…

Im zweiten Teil unserer Zusammenfassung des Jahressteuergesetzes 2021 werden wir über die Konsequenzen der neuen Lieferschwellen-Regelung berichten. Ein Hauptaugenmerk wird auf den Grenzen, die das OSS-Verfahren mit sich bringen wird, liegen – beispielsweise für den PAN-EU Versand durch Amazon und den Verkauf an Business-Kunden (B2B). Auch die neuen Regelungen zu den verschiedenen Besteuerungsverfahren werden wir einmal leicht verständlich für Sie zusammenfassen.