Aufbewahrungsfristen für Unternehmen und Selbstständige

Wer ein Unternehmen führt oder selbstständig tätig ist, muss eine Vielzahl an gesetzlichen Vorgaben beachten. Eine davon ist die ordnungsgemäße Aufbewahrung geschäftlicher Unterlagen. Diese Pflicht dient nicht nur der Nachvollziehbarkeit von Geschäftsvorgängen, sondern ist zentraler Bestandteil der steuerlichen und handelsrechtlichen Dokumentation. In diesem Beitrag erfährst du, wer aufbewahren muss, welche Unterlagen betroffen sind, welche Fristen gelten und welche Konsequenzen bei Verstoß drohen.

Wer ist zur Aufbewahrung verpflichtet?

Grundsätzlich müssen alle Unternehmer, die nach Handels- oder Steuerrecht buchführungspflichtig sind, ihre Unterlagen aufbewahren. Dazu zählen:

  • Einzelunternehmer
  • Freiberufler
  • Personengesellschaften (z. B. GbR, oHG, KG)
  • Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, UG, AG)

Auch Selbstständige, die ihren Gewinn mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ermitteln, müssen bestimmte Unterlagen aufbewahren. Die Aufbewahrungspflicht gilt jeweils für den Betrieb, nicht für die einzelne natürliche Person.

Welche Unterlagen sind aufzubewahren?

Aufbewahrungspflichtig sind alle Unterlagen, die für die Besteuerung oder zur Prüfung der ordnungsgemäßen Buchführung relevant sind. Darunter fallen insbesondere:

  • Handelsbücher, Inventare, Jahresabschlüsse
  • Eröffnungsbilanzen, Lageberichte
  • Buchungsbelege, Rechnungen, Zahlungsbelege
  • Handels- und Geschäftsbriefe (ein- und ausgehend)
  • Unterlagen zur Zollabwicklung
  • Organisations- und Arbeitsanweisungen

Nicht aufbewahrungspflichtig sind hingegen interne Aufzeichnungen wie Kalender, Fahrtenbücher oder Notizen, sofern sie nicht Bestandteil der Buchführung sind.

Wie lange müssen Unterlagen aufbewahrt werden?

Ab dem Jahr 2025 gelten folgende Fristen:

  • 10 Jahre: Bilanzen, Inventare, Buchführungsunterlagen, Jahresabschlüsse, Steuererklärungen
  • 8 Jahre: Buchungsbelege wie Rechnungen, Kontoauszüge, Quittungen (neue Frist ab 2025)
  • 6 Jahre: Handels- und Geschäftsbriefe, Verträge, Angebote, die zum Auftrag geführt haben

Die Frist beginnt jeweils mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzte relevante Eintragung oder der letzte Vorgang erfolgt ist.

Wann verlängert sich die Aufbewahrungsfrist?

Aufbewahrungsfristen können sich verlängern, wenn:

  • die Steuerfestsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist
  • eine Betriebsprüfung oder ein Rechtsbehelfsverfahren ansteht
  • steuerstrafrechtliche Ermittlungen laufen
  • ein Antrag beim Finanzamt begründet werden muss

Solange eine steuerliche Relevanz besteht, darfst du die betreffenden Unterlagen nicht vernichten.

In welcher Form darf archiviert werden?

Die Aufbewahrung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen:

  • Im Original (Papierform): Pflicht für Bilanzen, Eröffnungsbilanzen, Zollunterlagen
  • Bildliche Wiedergabe (z. B. gescannte Belege): muss dem Original vollständig und lesbar entsprechen
  • Elektronische Form: nur zulässig, wenn die GoBD eingehalten werden

Wichtig: Elektronische Originale (z. B. PDF-Rechnungen) müssen elektronisch aufbewahrt werden. Ein Ausdruck ersetzt das Original nicht.

Wo müssen die Unterlagen aufbewahrt werden?

Grundsätzlich müssen Unterlagen in Deutschland archiviert werden. Eine Aufbewahrung im EU-Ausland oder in Drittstaaten ist nur mit Genehmigung des Finanzamts zulässig und erfordert die Gewährleistung eines vollständigen Datenzugriffs.

Welche Folgen drohen bei Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht?

Wer seine Aufbewahrungspflichten verletzt, muss mit erheblichen Konsequenzen rechnen:

  • Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt
  • Verlust des Vorsteuerabzugs bei fehlenden Originalrechnungen
  • Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung
  • Verzögerungsgeld von mindestens 2.500 Euro

Bei unverschuldeter Zerstörung (z. B. durch Feuer oder Hochwasser) kann auf die Nachweispflicht verzichtet werden. Eine Dokumentation des Schadens ist dennoch ratsam.

Aufbewahrungsfristen im Überblick

Hier findest du eine beispielhafte Auswahl an typischen Unterlagen und ihren Aufbewahrungsfristen (Stand: Januar 2025):

UnterlageFrist (Jahre)
Jahresabschluss, Bilanz, GuV10
Einnahmen-Überschuss-Rechnung10
Kontoauszüge, Buchungsbelege, Rechnungen8
Eingangs-/Ausgangsrechnungen8
Handels- und Geschäftsbriefe6
Verträge, Mahnschreiben, Angebote6
Organisationsunterlagen (z. B. Kontenpläne, Arbeitsanweisungen)10
Steuerunterlagen, USt-Voranmeldungen10

Typische Fehler bei der Archivierung

  • Originale werden vor Ablauf der Frist vernichtet: Besonders bei Rechnungen kann das zu Problemen beim Vorsteuerabzug führen.
  • Papierdokumente verblassen: Thermopapier sollte zeitnah kopiert werden.
  • Digitales Archiv ohne GoBD-Konformität: Fehlende Unveränderbarkeit oder Auswertbarkeit kann zur Beanstandung führen.
  • Keine Dokumentation der Ordnungssystematik: Ohne nachvollziehbare Struktur kann eine Prüfung scheitern.
  • Aufbewahrung im Ausland ohne Genehmigung: Dies ist nur mit Zustimmung des Finanzamts zulässig.

Häufige Fragen zu Aufbewahrungsfristen

Muss ich auch private Unterlagen aufbewahren?
Privatpersonen müssen bestimmte Rechnungen (z. B. für Handwerkerleistungen an einem Haus) zwei Jahre aufbewahren.

Was passiert, wenn ich versehentlich Unterlagen zu früh vernichte?
Im schlimmsten Fall kann das Finanzamt deine Besteuerungsgrundlagen schätzen. Das kann zu Steuernachzahlungen führen.

Sind gescannte Belege ausreichend?
Nur wenn sie bildlich mit dem Original übereinstimmen und GoBD-konform gespeichert wurden. Originale sollten bei Unsicherheit aufbewahrt werden.

Gilt die neue 8-Jahresfrist für alle Belege?
Nein. Nur für Buchungsbelege, deren Aufbewahrungsfrist ab dem 1. Januar 2025 noch nicht abgelaufen ist.

Kann ich digitale Unterlagen auch in der Cloud speichern?
Ja, sofern die Cloud-Lösung GoBD-konform ist und ein sicherer Datenzugriff bei einer Prüfung möglich ist.Eine vollständige Liste mit über 100 Dokumenttypen findest du in der amtlichen Aufbewahrungstabelle des Bundesfinanzministeriums.

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